Wie ein Baum nach Uedelhoven kam. Ein Rück- und Ausblick.

 

Was soll denn der Quatsch? Wenn jetzt alle einen Baum pflanzen würden? Warum bei uns. Hier hatten wir doch nie Probleme mit sowas? Absoluter Blödsinn, sollten wir das Geld nicht besser für etwas anderes verwenden?

 

Diese und viele weiter Fragen beschäftigten uns in den vergangenen Monaten. Doch, wie war es überhaupt dazu gekommen?

 

Im Oktober 2017 war es ein loser Gedanke. Nach einer Wanderausstellung zum Thema Anne Frank in Köln ergab eine Internetrecherche, dass besagte Anne Frank ihn ihrem Versteck in Amsterdam als einzige Möglichkeit für Blicke nach draußen, auf den Dachboden steigen musste. Aus dem Fenster auf dem Dachboden konnte sie eine große, schon etwas in die Jahre gekommene weiße Rosskastanie erblicken. Ob sie jemals die Möglichkeit hatte, diesen imposanten, dicken Baum selber berühren zu dürfen, ist nicht bekannt. Dennoch erwähnte Anne Frank diese Kastanie mehrmals in ihrem berühmten Tagebuch. Sie spendete ihr Trost und gab ihr Kraft sowie Hoffnung für die Zukunft. Eine bessere Zukunft, die sie leider selber nicht mehr erleben durfte…

 

Das erste Interesse war geweckt. Weitere Recherchen ergaben, dass man Ableger dieses Baumes bei der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen in den Niederlanden erwerben könnte. Damit diese Ableger nicht in privaten Gärten und Hinterhöfen verschwinden, sondern als Zeichen der Hoffnung allen Menschen dienen soll ist eine der Auflage, dass dieser frei und für die Öffentlichkeit zugänglich gepflanzt werden muss. Ebenso soll auf die Pflanzung hingewiesen werden, damit auch alle die Möglichkeit bekommen, den Ableger besuchen zu können und Aufmerksamkeit erzeugt wird.

 

Nach der ersten Kontaktaufnahme mit den Verantwortlichen in den Niederlanden versandete die Idee, da keine Nachricht mehr aus Holland kam. Erst im Sommer 2018, nach weiterem Nachfragen, reagierte man wieder auf unsere Nachrichten. Die Information darüber, was der Baum an Kosten verursachen würde, ließen erste inhaltliche Diskussionen aufkommen. Die Idee einen solchen Ableger auch bei uns in Uedelhoven als Zeichen für Hoffnung und Toleranz zu pflanzen wuchs. Doch, wie sollte eine solche Aktion gestemmt werden? Im Winter 2018/19 versuchten wir unser Glück. Aktiv schrieben wir Menschen der Öffentlichkeit, Politiker, Stiftungen und Organisationen an und baten um Hilfe. Ebenso fragten wir bei der Gemeinde Blankenheim oder dem Bistum Aachen nach Möglichkeiten der Unterstützung. Erste Reaktionen kamen an, welche sehr positiv und mit Zustimmung erfüllt waren. Konkrete Hilfe im Sinne von finanzieller Hilfe, konnte uns aber auf Anhieb niemand zusichern.

 

Erst die Antwort von Markus Ramers stimmte uns positiv. Er fand unsere Idee von Anfang an sehr gut und bot uns an, diese auch finanziell zu unterstützen. Schnell traf man sich in Uedelhoven und besprach konkret die Idee, einen Anne Frank Erinnerungsbaum in Uedelhoven zu pflanzen. Dank weiterer Unterstützer wie Manfred Lang und Dr. Franz-Josef Zumbé, welche eine klasse Benefiz-Lesung mit dem Titel „Ein Doc in der Eifel“ aufführten. Oder auch Michael Mombaur und Axel Gehring welche unter der Musikalischen Begleitung von Bernd Spehl eine sehr beeindruckende aber auch beklemmende, mahnende Benefiz-Lesung zum Thema Antisemitismus (Adressat unbekannt) bei uns veranstalteten, sorgten wir Schritt für Schritt für eine Sensibilisierung zum Thema. Höhepunkt war sicher die erste Reise nach Amsterdam, um uns selber ein Bild vor Ort von Anne Frank, ihrer Geschichte und dem Versteck machen zu können.

 

Dank der Hilfe zahlreicher Uedelhovener schafften wir es zudem, unseren gemeinsamen Anne Frank Baum aus den Niederlanden nach Uedelhoven zu bringen und diesen am 9. November feierlich zu pflanzen. Hier sei noch mal ausdrücklich allen gedankt die, egal in welcher Form, dies überhaupt erst ermöglicht haben.

 

Doch eine Frage blieb gegebenenfalls noch offen. Warum das Ganze? Warum ausgerechnet in Uedelhoven? Warum ein Baum? Und dies ist genau der Kern des Ganzen. Warum nicht in Uedelhoven? Es spielt doch überhaupt keine Rolle, wo man sich Ehrenamtlich aktiv einbringt. Oder gibt es einen Zusammenhang zwischen „Ich setze mich aktiv für eine Sache ein“ und dem aktuellen Wohnort oder Lebensmittelpunkt? Das Thema Rassismus und Antisemitismus geht uns alle und überall an! Egal wo wir wohnen oder arbeiten. Der antisemitische Anschlag von Halle, der Mord eines Rechtsradikalen an Walter Lübcke sind nur Beispielhaft als Ereignisse aus diesem Jahr erwähnt und sollte uns alle zum Nachdenken bringen.

 

Sicher gibt es daneben noch eine Vielzahl an weiteren Themen, für welche man sich aktiv einsetzen kann, könnte und auch sollte. Armut, Krankheiten, Verfolgung, Klimawandel, nur als ein Bruchteil an Themen genannt. Wir haben uns für das Thema Rassismus und Antisemitismus entschieden. Zudem geht es auch nicht darum, Bäume zu pflanzen, Skulpturen zu schaffen oder Denkmäler aufzustellen. Vielmehr geht es darum aktiv zu zeigen, dass man mit einer starken Gemeinschaft gemeinsam mit gegenseitigem Respekt und Toleranz was bewegen kann! Wegschauen und hinter vorgehaltener Hand reden ist einfach. Selber was unternehmen und Verantwortung übernehmen dagegen verdammt schwer.

 

Wir wollen auch zukünftig zum Thema Rassismus und Antisemitismus am Ball bleiben und den Menschen Möglichkeiten bieten, sich aktiv mit einzubringen. Ebenso möchten wir Informieren und beständig darauf hinweisen das man für Werte wie Freiheit, Toleranz und Respekt täglich neu einstehen und arbeiten muss.  

 

„Gemeinsam wollen wir für ein offenes Mit- und Füreinander einstehen und uns gegen das Vergessen einsetzen“.